Geschichten zum Tag: 30.04. – Eva und Adolf

Eva H., vormalige Braun sagt: »Ach, ist das schön endlich verheiratet zu sein.«
Ihr Mann, Adolf H., hockt grimmig auf dem Stuhl und gibt nur ein Krächzen von sich.
»Sag mal, Wolfilein«, spricht die Frau, »wo fahren wir eigentlich in den Flitterwochen hin.«
Der Mann, dem die schwarzen Haarsträhnen ins Gesicht hängen, schaut auf: »Äfa, äch weiß nicht, ob wir öberhaupt irgendwo hinfahren können.«
»Was, willst du etwa die ganze Zeit nur hier im Bunker herumlungern?«
»Äch dänke schon.«
»Na toll. Das habe ich mir ja etwas anders vorgestellt.«
»Äfa«, sagt der zusammengesunkene Mann, »dä Russn stähn vor der Tör.«
»Na, und wer hat die eingeladen? Ich nicht.« Sie schmollt.
»Äfalein, äch glaube der Krieg ist verloren.«
»So ein paar Tage Ostsee wären völlig in Ordnung. Nur, dass man einfach mal rauskommt.«
»Äfa«, sagt der Mann im Mantel, »ons bleibt nur der Freitod.«
»Freiburg? Ja, da soll auch schön sein.«
»Nächt Freiburg«, stöhnt Adolf H., »Freitod.«
»Noch nie von gehört. Wo liegt denn das? Hoffentlich irgendwo am Meer. Ich würde ja gerne mal wieder baden gehen.«
»Äfa, wir können nächt weg. Dä Russn …«
»Immer hast du irgendeine Ausrede. ›Lass mich mal schnell Kanzler werden‹, hieß es. Und dann ›Lass much nur schnell eine Autobahn bauen‹. Und dann fingst du an mit diesem ›Polen erobern‹. Und Frankreich. Hättest mich ruhig mit nach Paris nehmen können.« Sie steckte sich eine Zigarette an.
Adolf H. wischte den Rauch mit der Hand davon. »Äfa, do weißt, äch mag das nicht. Das äst gesundheitsschädlich.«
»Na, man hat ja sonst keine Freude hier.«
Der Mann zieht die Mundwinkel nach unten und sagt nichts. Er fummelt an seinem Gurt herum, wo er eine Pistole aus dem Halfter holt.
»Was soll das denn jetzt?«, fragte Eva.
»Äch öberlege, ob äch mäch erschieße.«
»Was, nur weil du nicht in die Flitterwochen willst?«
Eva pustet den Rauch direkt in seine Richtung. Er muss Husten.
»Und wer«, sagt sie, »soll die Sauerei hinterher wieder saubermachen?«
»Dä Russn?«, fragt Adolf H.
»Nein, ich. Ich, mein lieber. Nun lass uns doch lieber besprechen, wo wir unsere Hochzeitsreise verbringen. Wir könnten doch auch nach Italien fahren. Hast du da nicht diesen Bekannten?«
»Mossolini? Dieser feige …«
»Reg dich nicht auf. War ja nur eine Idee. Mir war auch so, als hätte neulich irgendwer etwas von Argentinien erzählt. Aber ich glaube, dass ist mir zu weit. Da muss man ja so lange fliegen.«
»Äfa … dä Russn!«
»Na, die gibt’s ja in Argentinien nicht, oder? Wie wäre es denn mit London?«
»Äfa, da sind die Engländer. Und däser Churchill!« Er hob die geballte Faust.
»Du findest auch immer was, oder? Mach du doch auch mal einen Vorschlag.«
»Äfa, wir können nicht weg. Dä Russn …« Er schlug mit der Hand auf den Tisch.
»Ja ja, du und deine Russen. Also wenn es sein muss, dann fahre ich auch nach Sankt Petersburg. Hauptsache wir kommen überhaupt mal raus.«
Adolf H. seufzt und holt aus seiner Tasche eine kleine Tablette hervor, die er ihr hinhält.
»Was ist das? Ein Bonbon?«
Er räuspert sich. »Sächer.«
»Und wie schmeckt das? Wenn das bitter ist, will ich das nicht.«
»Das äst …«, er zögert kurz, »… ein Kaubonbon. Du musst kräftig raufbeißen.«
»Hast du vielleicht irgendwas, was nach Himbeere schmeckt. Die mag ich.«
»NÄMM JETZT DIE TABLETTE!«
Eva zieht an der Zigarette. »Also wenn du jetzt laut wirst, will ich das gar nicht. Da ist man kaum einen Tag verheiratet und schon wirst du laut. Das kannst du vielleicht vor deinen Parteifreunden machen, aber ich bin deine Frau.«
»Äfa, dä Russn!«
»Ach, du und deine Russen.«
»Äfa, nämm das und sei ruhig.« Er hält ihr die Tablette erneut hin.
»Na, das ist ja auch keine Art.«
Adolf H. seufzt. Er legt die Tablette auf den Tisch und setzt sich die Waffe an den Kopf.
»Mein Gott, dass du immer so dramatisch sein musst.«
Er drückt ab. Es knallt und er fällt tot vornüber.
»Aaaaaaaah, Wolfi! Die Bettlaken!« Der Anblick des Blutes lässt sie erschrecken. »Das geht doch nie wieder raus. Ich brauche erstmal was zur Beruhigung. Wo ist denn dieses Bonbon?«

So oder ähnlich war das. Schätze ich.

 

Wer die Geschichte gerne von mir vorgelesen bekommen möchte, kann sich einfach mein Video dazu ansehen: